Der Steirer Michael Kemeter ist professioneller Slackliner, Kletterer und Mental Coach. Er hat mit seinen jungen Jahren schon viele Weltrekorde aufgestellt und die schwersten Kletterrouten bewältigt. Wir haben mit ihm über die Macht der Konzentration, seine unzähligen Abenteuer, seine Leidenschaft fürs Slacklinen und seine Ziele gesprochen.
Die Leidenschaft fürs Klettern und Slacklinen habe ich genauso wie viele Aktivitäten in meinem Leben gefunden: durch die Lust etwas Neues kennenzulernen. Ich möchte mich ständig selber weiter entwickeln und das beginnt - zumindest bei mir - mit der inneren Balance. Nach und nach fasste ich das „Extreme“ ins Auge, da ich die Angewohnheit besitze, Dinge nicht auf normalem Wege ausüben zu können.
Daher ergänzte ich nach einigen Jahren des Kletterns, mit einem Spaziergang auf der 2,5 cm breiten Slackline: nicht nur am Boden, sondern lieber in Höhen, über Wasser und vor allem an neuen Plätzen rund um den Globus.
Ich lernte aus jedem Misserfolg in meinem Leben viel mehr über mich selbst und welchen Stellenwert „Ziele“ im Leben der „Extremen“ bedeuten
Ich befinde mich ständig in einem Abenteuer! Meines Erachtens liegt das Grundgeheimnis eines neuen Abenteuers im Anfang, nämlich in einer sorgfältigen Planung. Den ersten Schritt sehr präzise zu wählen ist eine Frage der Zeit und vielmehr der Motivation. Daher ist es sehr wichtig für mich, eine klare Definition eines bestimmten Ziels zu haben. Auch, damit sich meine Perspektiven bzgl. Zielsetzung ständig schärfen und verändern.
Wie schon erklärt: Von der Lust am Leben bzw. Erleben und von der Lust neue Persönlichkeiten und Kulturen kennenzulernen und außergewöhnliche Momente zu teilen, zu leben und weiterzugeben. Ein Leben nahe mit und in der Natur zu führen, ist daher ein ständiges Abenteuer.
Große Ziele zu haben, bedeutet viele kleinere Zwischenziele zu kreieren und bewältigen. Es kommt auch öfters vor, dass diese nicht mit dem gewünschten Erfolg ausgehen. Jedoch darf man nicht den inneren Fokus aus den Augen verlieren. Denn dann brauchen sie Zeit, um sich besser entwickeln zu können und können sich tiefer in mir festigen. Die Struktur muss sehr klar sein, um am Ende das Ziel auch erreichen zu können. Ich lernte aus jedem Misserfolg in meinem Leben viel mehr über mich selbst und welchen Stellenwert „Ziele“ im Leben der „Extremen“ bedeuten, doch auch welche alltägliche Bedeutung sie haben. Die jedoch wichtigste Konstante in meinem Leben ist die Veränderung. Die Geschwindigkeit dazu ist immer individuell und auch der Output variiert ständig von Abenteuer zu Abenteuer.
Die größte Wertschätzung nach jedem weltweitem Trip und vor allem nach Amerika ist das Trinkwasser: Wasser aus der Leitung zu trinken und keine Bedenken zu haben davon krank zu werden, ist für uns Österreicher sehr lange kein Thema mehr. In Amerika bin ich damals im Jahr 2010 das erste Mal mit dieser Thematik konfrontiert worden. Es schockierte mich anfangs, immer für frisches Wasser zu sorgen. Nach einigen Monaten war es etwas Alltägliches und Zeitraubendes.
Die Natur immer wieder wertzuschätzen ist für mich ein sehr bedeutendes Anliegen, da diese vielfältig und einzigartig bleiben sollte. In der Welt der Natur gibt es immer einen Grund, dass ein noch so mikroskopisches Lebewesen existiert, um einen Zyklus in Gang zu halten. In der Welt der Menschheit, leider immer seltener … Der übermäßige Konsum und Verbrauch an erschöpfbaren Ressourcen hat mich bis dato jedes Mal in der Vereinigen Staaten schockiert und zum Denken angefacht. Daher fiel es mir nicht immer leicht, einen Umgang mit der amerikanischen Kultur zu finden.
Doch nach einem sechsmonatigen Kurzstudium im Fach Englisch in Nordkalifornien fand ich an so manchem Wochenende meinen Weg in die Natur. Der Nationalpark Yosemite war ein sehr guter Spielplatz der Sinne, wo ich mehrere Free-solo Begehungen auf der Highline und Bigwall Klettereien bewältigte - abseits von dem Touristengeschehen. Die Größe dieses Parks ist unvergleichbar mit den Dimensionen hier in Österreich, wo es auch hohe Felsmassive und Bergketten gibt.
Doch unsere heimischen Berge haben einen anderen Zauber auf mich, denn du kannst an gewissen Plätzen vollkommen allein sein. Ansonsten fand ich keine Unterschiede, die meine Aktionen beeinflusst hätten. Die amerikanische Mentalität ist für mich jedoch nicht vergleichbar mit den Vorzügen der österreichischen Mentalität. Daher bin ich gern Gast in einem Land, passe mich an und freue mich immer wieder in meine Heimat zurückzukehren.
Jeden Moment, wo ich Erfüllung im Tun finde, gestalte ich meine Realität
Es gab genügend atem(be)raubende Momente in meinem Leben, wo ich erleben durfte, dass der Wille Berge versetzten kann! Ich spreche gerne über das „Jetzt“ in meinen Vorträgen und auch über meine innere Antriebskraft. Beispielsweise beim Klettern im alpinen Gelände muss man sich sehr auf seine Intuition und Erfahrung verlassen. Bei den Klettereien ohne Seil jedoch mit einem Fallschirm am Rücken steckt wieder eine enorm aufwendige Logistik dahinter. Auch bei den Highlines ohne Sicherung habe ich mich immer auf mein Gefühl verlassen und alles Schritt für Schritt erlernt.
Bei jedem Weltrekord im Slacklinen hat mich die Kraft etwas Neues zu schaffen extra gepusht, um am Grat des Menschenmöglichen einen rationalen Denkfluss zu behalten. All diese gelungenen Projekte haben sich zu einer geballten Antriebskraft summiert, die so tief in mir steckt, dass ich nicht ans Aufgeben denken mag. Es zieht nur Energie aus mir. Auch bei noch so harten Momenten versuche ich die negativen Gedanken mit positiven zu überfluten, die mich somit in Balance halten.
Jeden Moment, wo ich Erfüllung im Tun finde, gestalte ich meine Realität. Daher sind meine ständigen Unternehmungen und das Slacklinen ein Teil von mir geworden und es gibt selten einen Alltag in meinem Leben. Doch wenn der Alltag eintritt, finde ich mich in Zufriedenheit mit dem, was ich habe.
Sei zufrieden. Lebe jeden Moment.
Spaß an der Bewegung zu haben: Mich immer wieder neu zu entdecken und mit der Sonne zu reisen.