Uschi Profanter ist ehemalige österreichische Kanutin, die international sehr viele Erfolge im Wildwassersport (vierfacher Kajak Worldchampion) erzielen konnte. Uschi Profanter ist heute unter anderem als Behindertensportcoach, Fit- Übungsleiter für Kinder, Lehrwart für Kajak und Skitouren tätig. Wir konnten der aktiven Sportlerin ein paar Fragen zu ihren Zielen, Motivation und Erfahrungen als Profisportlerin stellen.
Kajak fahren ist eine Sportart, bei der man zuerst von jemandem abhängig ist, der einem dabei hilft. Das heißt, entweder unterstützen einen die Eltern oder ein Verein, wenn es einen vor Ort gibt. Ich komme aus einer sehr sportlichen Familie: Meine Mutter ist viel geklettert und meine Vater hat eines Tages die Idee gehabt zu paddeln. Wir sind daraufhin immer gemeinsam im Urlaub ans Meer gefahren und sind dort gepaddelt. Das erste Mal bin ich mit 4 Jahren gepaddelt - mit 12 begann ich dann Wildwasser zu fahren. Als Kind lernt man schnell und ich habe das Paddeln auf eine sehr spielerische Art gelernt. Der erste Kontakt mit dem Kajaksport kam also über meine Familie.
Wenn man etwas wirklich will und dahinter steht, schafft man alles.
Ich wollte eigentlich keinen Leistungssport machen, da ich viele Sportarten trainiert habe und ich mich nicht spezialisieren wollte. Die erste Herausforderung, der ich mich gestellt habe, war ein Wettkampf in der Imster Schlucht. Das war gar nicht so einfach, jedoch habe ich es geschafft und bin ins Ziel gekommen. Das hat irrsinnig Spaß gemacht. Danach bin ich in Graz zu einem Kajakclub gekommen, wo der ehemalige Wildwasser-Weltmeister Gerhard Peinhaupt trainiert hat. Davon habe ich sehr profitiert und ich habe mich sehr schnell weiterentwickelt - auch weil ich bereits eine sehr gute Grundkondition hatte. Schließlich wurde ich mit 18 schon Juniorenweltmeisterin. Ich wurde dann immer ehrgeiziger und wusste gleich: ich will Weltmeisterin werden, ich will Vollprofi werden und ich werde das schaffen.
Ich habe einige Nebenjobs gemacht, bis ich es dann geschafft habe, von einer Randsportart zu leben. Mit 24 war ich Weltmeisterin in der Allgemeinklasse. Mein nächstes Ziel waren dann die Olympischen Spiele: Das war eine große Herausforderung, denn Wildwasserfahren ist keine olympische Disziplin, sondern nur Flachwasserfahren, was etwas ganz Neues für mich war. Als Außenseiterin, denn ich erschien ja quasi aus dem Nichts, wurde ich zunächst belächelt, habe mich dann aber durchgesetzt. Für die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona habe ich einen Quotenplatz erreicht, kam ins Finale und wurde schließlich Fünfte mit einer Sekunde Rückstand auf die Olympiasiegerin. Ich habe mich zwei weitere Male für die Olympischen Spiele qualifiziert: Mein Ziel war es eigentlich, eine Olympia-Medaille zu gewinnen, jedoch als Wildwasserfahrerin hat mir immer das letzte Bisschen gefehlt.
Ziele sind notwendig, nicht nur im Sport, sondern überall. Man muss sich Ziele setzen – egal ob sie hoch sind oder nicht. Wenn man etwas wirklich will und dahinter steht, schafft man alles. Ich habe mir, bevor ich Juniorenweltmeisterin wurde, den Sieg im Training fest vorgestellt. Ich habe visualisiert, wie das ist, wenn ich die Meisterschaft gewinne. Als ich dann gewonnen habe, war es so wie ich es mir vorgestellt habe. Das war alles so fest verankert in meinem Kopf.
Ich glaube an mich und daran, dass ich immer eine Lösung finden werde.
Für mich sind Hindernisse da, um sie zu bewältigen und um sie zu lösen. Ich bin da durch nichts zu stoppen - jeder der mich kennt weiß das. Für mich gibt es nichts, was man nicht schaffen oder nicht irgendwie lösen könnte. Ich denke mir immer: das wird gehen - das werde ich schon schaffen und organisieren. Das ist eine generelle Lebenseinstellung von mir. Ich glaube an mich und daran, dass ich immer eine Lösung finden werde.
Nachdem ich den Leistungssport 2003 aufgegeben habe, wollte ich andere zum Kajaksport motivieren und inspirieren. Daher habe ich begonnen mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, was mir eine große Freude bereitet. Es ist wichtig, was man der nächsten Generation vorlebt. Alles was man mit Begeisterung vorlebt, wird von den Kindern stark angenommen. Man lernt authentisch zu bleiben, denn man kann einem Kind nicht vorgaukeln. Meine Philosophie dabei ist, dass ich den Kindern Paddeln spielerisch beibringen möchte, sie Spaß daran haben und nicht verbissen die Technik lernen.
Erwachsene und Kinder gehen sehr unterschiedlich an Herausforderungen heran. Kinder haben einen anderen Zugang Dinge zu lernen, sie sind neutral und denken nicht nach, was passieren könnte. Beim Kajakfahren sind Erwachsene selten unbeschwert und haben generell mehr Angst. Kinder setzen sich einfach hinein. Bei den Reisen bin ich mit einer so großen Begeisterung dabei, dass es mir gelingt, die Gruppe mitzureißen und dass das Ganze für sie ein Spaß ist. Ich unterstütze sie bestmöglich und versuche alle zu motivieren, den Gipfel zu erklimmen. Nicht zu viel nachdenken, sondern nur denken, dass es leicht gehen wird. Und so vermittle ich das den Erwachsenen. Bei den Kindern muss man gar nicht viel reden, sondern man muss es nur vorleben.
Viele unterhalten sich gern mit mir im Vorfeld, denn sie wissen dass ich Profi-Sportlerin war. Ich sage ihnen meistens, dass man nicht verbissen, sondern locker an die Dinge herangehen soll. Der Tag, an dem man den Gipfel besteigt, ist der schwierigste, denn es kämpft jeder mit der Höhe. Ich rate dann allen: Stellt euch vor, wie ihr auf dem Gipfel steht und runterschaut. Ich denke immer an das Gefühl, das ich habe, wenn ich ein Ziel erreicht oder einen Erfolg erlebt habe. Wenn man ein Ziel erreichen will, muss man zuerst eine konkrete Vorstellung haben, was man möchte. Das ist der erste Schritt. Und das verfolgt man dann hartnäckig und gibt nicht gleich beim ersten Hindernis auf. Hindernisse sind da, um sie zu überwinden.
Das möchte ich auch meinem Sohn mitgeben, er ist mittlerweile sehr selbständig. Ich möchte ihm bewusst die Möglichkeit geben, Sachen allein zu lösen und allein zu organisieren. Man kann jedem - auch Kindern - etwas zutrauen. Beim Paddeln möchte ich den Kindern auch Selbstverantwortung beibringen: Sie müssen die Kajaks selber wegräumen, selber ihr Boot ausleeren und gemeinsam wegtragen. Da müssen alle mithelfen - das ist ein Lernprozess. Man muss als Elternteil den Kindern die Möglichkeit geben, Selbstverantwortung zu lernen.
Hindernisse sind da, um sie zu überwinden.
Ich finde, jeder, der die Möglichkeit hat, sollte auch etwas an die Gesellschaft zurückgeben. Wenn man einen gewissen Namen hat, ist dies leichter. Ich engagiere mich unter anderem für den Naturschutz. Gemeinsam mit dem WWF haben wir es verhindert, dass ein Kraftwerk in der Sulm (Anm. der Red.: Fluss in Österreich) gebaut wird. Letztes Jahr habe ich den Roten Nasenlauf organisiert - eine Kajakfahrt in der Mur (Anm. der Red.: Fluss in Österreich) für alle. Viele sind mit Luftmatratzen und Schlauchbooten gekommen. Solche Aktionen muss man unterstützen. Jeder kann einen kleinen Beitrag, auch mit geringem Aufwand leisten. Im Endeffekt bringt das wirklich etwas.
Dieses Jahr habe ich auf der Sulm für die breite Masse Kajak-Kurse gemacht, was super funktioniert hat. Es war wieder etwas Neues, das ich ausprobiert habe. Ich suche mir immer neue Dinge, die ich ausprobieren möchte. Wie zum Beispiel Skitouren in Norwegen, die man vom Meer aus beginnt. Ich bleibe stets offen und neugierig neuen Herausforderungen gegenüber.
Vielen Dank an Uschi Profanter für das spannende und ausführliche Interview!
Weiterführende Links:
Webseite von Uschi Profanter:
Kajak- und Skitouren mit Uschi Profanter
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